Hindemith-Jahrbuch 2017/XLVI
Von 1935 bis 1937 hielt sich Hindemith insgesamt vier Mal in der Türkei auf. In dieser Zeit war er maßgeblich an der Einrichtung und pädagogischen Ausrichtung des Konservatoriums in Ankara beteiligt. In drei Berichten definierte er Grundsätze seiner musikdidaktischen Arbeit und konzeptionellen Vorstellungen. In der bisherigen Forschung wurden Hindemiths Vorschläge isoliert behandelt und vor dem Hintergrund seiner prekären Situation in Nazi-Deutschland als Element der Biographik rezipiert. Einen anderen Ansatz wählt Ibrahim-Kaan Cevahir, der die Vorgeschichte und die Nachwirkungen der Aktivitäten Hindemiths aus türkischer Sicht beleuchtet und auf die kulturpolitischen Dimensionen dieser Maßnahmen hinweist. Durch das Einfügen der bekannten Ereignisse in einen soziokulturellen Kontext zeigen sich neue Facetten eines kulturpolitischen Ereignisses ersten Ranges.
Wie stark Hindemiths Wirken in der Türkei nachwirkte, bestätigt der weltbekannte Komponist und Pianist Fazıl Say in einem Interview mit Andreas Krause und verweist auf die Bedeutung der Reformvorschläge Hindemiths für die musikalische Ausbildung türkischer Musiklehrer, Instrumentalisten oder Komponisten bis zum heutigen Tage.
Heinz-Jürgen Winkler
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