Gertrud Hindemith
Am 15. Mai 1924 heiratet Paul Hindemith Johanna Gertrude Rottenberg, genannt Gertrud. Trauzeugen sind der künstlerische Leiter der Frankfurter Rundfunkanstalt, Dr. Hans Flesch, der mit Rottenbergs älterer Tochter Gabriele verheiratet ist, und der Maler Rudolf Heinisch.
Gertrud ist die Tochter des ersten Kapellmeisters der Frankfurter Oper Ludwig Rottenberg, unter dem Hindemith als erster Konzertmeister wirkt. Mütterlicherseits stammt Gertrud aus der angesehenen Familie des Frankfurter Bürgermeisters Franz Adickes. Sie wird am 2. August 1900 in Frankfurt geboren und erhält nach Schulbesuchen in Frankfurt und Paris eine Ausbildung als Sängerin und Schauspielerin. Sie wirkt an Aufführungen in Mainz und Heilbronn mit und übernimmt auch Rollen in Filmproduktionen. Eine Karriere scheitert jedoch an ihrem Lampenfieber, so dass sich Gertruds Bühnenauftritte nach ihrer Hochzeit auf Ensemble- und Choraufführungen beschränken. (G. Skelton)
Das Ehepaar Hindemith lebt gemeinsam mit Sophie und Toni Hindemith im Kuhhirtenturm und bewohnt dort die beiden obersten Geschosse. Gertrud und Paul, deren Ehe kinderlos bleibt, musizieren viel gemeinsam und geben Hausmusikabende, für die Hindemith kleine Stücke schreibt. Gertrud übernimmt dabei vor allem die Cellostimme.
Ihre Aufgabe sieht Gertrud darin, Hindemith in seiner künstlerischen Arbeit zur Seite zu stehen. Sie übernimmt einen Teil der geschäftlichen Korrespondenz und die Organisation seiner Konzertreisen, auf denen sie ihn meist begleitet.
Nach Hindemiths Tod im Dezember 1963 beginnt Gertrud den Nachlass zu ordnen, um ein Hindemith-Archiv vorzubereiten. Sie stirbt am 13. März 1967 und wird neben Paul Hindemith in der Nähe ihres letzten Wohnortes bei Blonay/Schweiz in St. Légier beerdigt.
Hindemith zeichnet Gertrud in zahllosen Karikaturen, die sie ihrem Sternzeichen entsprechend als Löwe darstellen. Dieser findet sich in Briefen an sie und in einigen Partituren wieder. In der Villa «La Chance», dem letzten Wohnort der Hindemiths in Blonay, ziert der Löwe sogar Hauswände und ein Gartenhäuschen. Hindemith widmet Gertrud einige Werke: die Kammermusik Nr. 4, Klavierlieder nach Texten des Angelus Silesius, Die Serenaden, Das Unaufhörliche.