Hindemith-Jahrbuch 2013/XLII
Mainz 2014
ISBN 978-3-7957-7053-2
Das Hindemith-Jahrbuch 2013/XLII wird eröffnet mit einem Beitrag von Wolfgang Rathert, der sich im Hindemith-Gedenkjahr 2013 mit einem anderen großen Jubilar des Jahres, Richard Wagner, auseinandersetzt und »Begegnungen« der beiden so unterschiedlichen Charaktere thematisiert.
Magnar Breiviks ausführliche Studie zu Hindemiths musikalischer Poetik unterzieht Hindemiths einschlägige ästhetische Schriften einer detaillierten Untersuchung, dabei immer wieder mit Seitenblick auf Arnold Schönbergs musikästhetische Ideen. Wie Hindemith sich zeitgenössischer Musizierformen annimmt und Elemente daraus in eigene Sprache »übersetzt«, demonstriert Breivik an dem Modetanz »Shimmy« aus Hindemiths Suite 1922 für Klavier op. 26.
Eine Parodie-Trouvaille aus dem Nachlass von Heinrich Burkard liefert Rüdiger Jennert. Hindemith beschäftigt sich in diesem Stück für Sopran und Streichquartett, dem er den Titel Unheimliche Aufforderung gibt, mit der Tonsprache Richard Strauss', die in seinen Jugendwerken unzweifelhaft ihre Spuren hinterlassen hat. Im Sommer 1924 wirkt diese humorvolle Auseinandersetzung in doppeltem Sinne: zum einen als späte und erneute Auseinandersetzung mit dem etablierten Komponisten, zum anderen mit einer Phase der eigenen kompositorischen Entwicklung, wie sie sich in seinem Cello-Konzert aus dem Jahr 1916 niederschlägt und 1924 längst überwunden ist.
Hans Kohlhase widmet sich in seinem Beitrag einem der bekanntesten Stücke Hindemiths, dem 1935 geschriebenen Bratschenkonzert mit dem Titel Der Schwanendreher. Anders als die gängige Rezeption, die die programmatische Vorrede Hindemiths als Zeichen einer Naivität und Gedankenlosigkeit gegenüber dem NS-Regime deutet, verweist Kohlhase auf ästhetisch-ethische Grundpositionen Hindemiths, die der Komponist in diesem Werk verschlüsselt andeutet. Er erläutert, wie stark gerade dieses Stück mit Hindemiths politisch-sozialer Situation in dieser Zeit zusammenhängt.
Hans Joachim Kreutzer studierte in den 1950er Jahren in Zürich Germanistik bei dem großen Emil Staiger. Musikalisch gebildet, belegte er auch – wie er sagt aus reinem Luxus – Kurse bei Paul Hindemith, der im Wintersemester 1957/58 seine letzten Veranstaltungen an der Zürcher Universität abhielt. Höchst anschaulich und farbenreich schildert Kreutzer seine Erinnerungen an den von Hindemith gehaltenen Kurs zu Schönbergs Streichquartetten.
Heinz-Jürgen Winkler