[Paul Hindemith spricht über seine Anfänge als Berufsmusiker]
Berufung an die Frankfurter Oper
An Hindemiths Berufung an das Frankfurter Opernhausorchester erinnert sich Adolf Rebner:
« [...] die Dirigenten Ludwig Rottenberg und Egon Pollack [hörten] von dem jungen Geiger und erkundigten sich bei mir nach seinen Fähigkeiten – dies im Hinblick auf die neu zu besetzende Stelle eines 1. Konzertmeisters der Frankfurter Oper und Museumsgesellschaft. Mit Überzeugung konnte ich den Herren sagen, dass zu dieser Wahl nicht nur der junge Hindemith selbst sondern auch die Leitung der Oper zu beglückwünschen sei.»
Damit der erst 19 Jahre alte, noch nicht volljährige Hindemith den Vertrag unterzeichnen kann, muss ihm sein Vater, der in Frankreich an der Front kämpft, eine Vollmacht schicken: «Meinem Sohne Paul bescheinige ich hiermit auf Ersuchen gern, dass er Vertragsabschlüsse usw. mit seinem Namen unterzeichnen darf und dass dies rechtsgültige Kraft haben soll, als wäre mein Sohn Paul majoren.» Hindemith wird zunächst als 1. Violinist, dann als 2. Konzertmeister für zwei Jahre verpflichtet. In dieser Position, die zugleich einen beachtlichen gesellschaftlichen Aufstieg bedeutet, kann Hindemith das Auskommen der seit September 1915 vaterlosen Familie sichern.
Im März 1916 wird er 1. Konzertmeister. Freunden schreibt er dazu: «Das Probespiel wurde mir zwar sehr schwer gemacht. Erst wurde ich nämlich auf die Intendanz bestellt ohne dass ich überhaupt wusste, was ich da sollte. Ich habe da dem Intendanten und den beiden Kapellmeistern gänzlich unvorbereitet je den 1. Satz des Brahms- u. Beethoven-Konzertes, das ganze Mendelssohn-Konzert sowie die Chaconne vorgespielt, was für die Herren natürlich eine grosse Überraschung war. Am Donnerstag darauf absolvierte ich noch einmal ein Probespiel, wo ausser den genannten Herren noch der Amsterdamer Kapellmeister Willem Mengelberg (der Leiter der hiesigen Museumskonzerte) und eine Menge unserer Orchestermitglieder da waren. [...] Es ging alles gut, aber Mengelberg [...] wollte mir absolut die Stelle nicht zuerkennen, ‹weil ich viel zu jung› sei, ich habe aber gehört, dass er einen anderen Geiger dafür in petto hatte. Als ich aber dann noch äußerst schwierige Stellen aus der Salome vorgelegt bekam (die ich nie gesehen hatte) und sie glatt vom Blatt spielte, konnte er natürlich auch nichts mehr einwenden.»