[«Kammermusik Nr.1» op.24/1]
Donaueschingen 1922/23
In den Jahren 1922 und 1923 bleibt der Musikausschuss seiner Maxime, nur junge und unbekannte Komponisten vorzustellen, im wesentlichen treu. In den Konzerten des Jahres 1922 werden mit Ausnahme von Ernst Krenek und Paul Hindemith nur solche Komponisten unter den Einsendern ausgewählt, deren Werke in Donaueschingen bislang noch nicht zu hören waren; 1923 sind auch Fidelio Finke und Philipp Jarnach keine Neuentdeckungen mehr.
Keiner der Komponisten kann jedoch einen ähnlich großen Erfolg erzielen wie Hindemith. Mit der Uraufführung seiner Kammermusik Nr. 1 op. 24 Nr. 1 und des Liederzyklus Die junge Magd op. 23 Nr. 2 bestätigt sich 1922 sein Ruf als begabtester Repräsentant der musikalischen Avantgarde in Deutschland. Nach dem eher mäßigen Erfolg der Musiktage 1923, der weniger der Qualität der Kompositionen, als vielmehr der überragenden Interpretationskunst des Amar-Quartetts zuzuschreiben ist, droht das Niveau der Veranstaltung zu sinken. Eine Fortsetzung der Kammermusiktage ist nicht nur wegen der galoppierenden Inflation des Jahres 1923, sondern auch aus Mangel an zukunftsträchtigen Konzepten gefährdet.