Lehraufträge
Im Februar 1940, wenige Monate nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, emigriert Hindemith in die Vereinigten Staaten, zögernd und nur auf drängende Bitten amerikanischer Freunde, mit Lehraufträgen von der Universität in Buffalo, von der Cornell University in Ithaca und vom Wells College in Aurora. Zudem hatte ihn Serge Koussevitzky als Kompositionslehrer für die Sommerakademie des Boston Symphony Orchestra in Tanglewood verpflichtet.
Hindemith wohnt zunächst im Lenox Hotel in Buffalo – «das Hotel ist eine Aufbewahrungsstätte für alte Damen, es liegt inmitten meiner Arbeitsplätze, und gegenüber gibt es sogar Bäume mit herumfliegenden, allerdings etwas verrußten Spatzen», berichtet er – und beginnt, alsbald unter den Bedingungen, unter denen er leben und arbeiten muß, zu leiden: unter der Trennung von seiner Frau, die in Bluche zurückgeblieben war und nach der Absolvierung einer ersten Lehrverpflichtungen im Frühjahr nachkommen sollte, unter der Stadt Buffalo, die er als ein «Zerrbild von Stadt» beschreibt, «aus kilometerlangen sibirischen Holzhäusern ohne jeden Charme, [...] nicht gerade ermunternd, besonders bei Matsch, Glatteis und Schnee - und der Schnee ist außerdem schwarz», unter den mangelnden Fähigkeiten und Kenntnissen der Studenten, die sich zum Teil nur aus Neugier zu seinen Kursen melden, und nicht zuletzt unter der Arbeitslast seiner Lehrtätigkeit in drei verschiedenen Städten. Er kann sich auch nicht mit Léonide Massine über neue Ballett-Projekte einigen und fühlt sich, als hätte er «niemals im Leben auch nur eine Note gedacht und geschrieben.»
Anfang März 1940 erhält er zusätzlich von der berühmten Yale University in New Haven eine Einladung zu Vorträgen und Kursen, die er gerne annimmt und von der er sich eine Bindung an diese Universität erhofft. Tatsächlich beeindruckt Hindemith dort so sehr, daß er sogleich als Gastprofessor für das Wintersemester 1940/41 eingeladen wird. «Unsere nächste Zukunft scheint gesichert», schreibt Hindemith am 7. April 1940 seiner Frau und bittet sie, ihre Reisevorbereitungen zu treffen.