Yale University
Seit September 1940 entfaltet Hindemith an der Yale University als Gastprofessor eine solch erfolgreiche und engagierte Lehrtätigkeit, dass die Universität ihn bereits im Januar 1941 dauerhaft für eine volle Professur zu gewinnen trachtet. In den Berufsverhandlungen, die zugleich mit einer grundsätzlichen Neuorganisation des Musikstudiums verbunden werden, setzt Hindemith seine Bedingungen weitgehend durch, so dass er den Ruf annimmt. Hindemith wird mit seiner Lehrtätigkeit fast eine Art Schule in der Schule formen.
Darüber hinaus unterrichtet er im Sommer 1941 wieder in Tanglewood und studiert insgesamt 188 Werke Alter Musik von Perotinus (ca. 1200) bis Schütz ein, für die er die Aufführungsmaterialien größtenteils selbst herstellt. Gertrud Hindemith engagiert sich in sozialen Diensten, studiert an der Yale University Romanistik und legt das Magister-Examen ab.
Die Hindemiths, die nach der Kriegserklärung Deutschlands an die Vereinigten Staaten zwar als «feindliche Ausländer» gelten, aber nur Reisebeschränkungen auferlegt bekommen, führen in New Haven ein anonymes Leben. Ihre Nachbarn erinnern sich an ein freundliches, hilfsbereites, unauffälliges Ehepaar und sind später erstaunt, zu erfahren, dass Hindemith ein «berühmter» Komponist sei. Die Hindemiths pflegen freundschaftliche Beziehungen nur zu wenigen Lehrerkollegen an der Yale University und meiden Kontakte zu europäischen Emigranten, ohne allerdings abweisend oder verschlossen zu wirken. Sie nehmen ihre in Bluche gepflegte Hausmusik wieder auf, an der sich auch Freunde und Schüler beteiligen, und bereisen während der Kriegszeit in den wenigen Urlaubstagen lediglich die Neu-England-Staaten.