[aus: «Suite französischer Tänze» von Pierre d'Attaignant, eingerichtet für kleines Orchester, Einführung: Paul Hindemith]
Bearbeitungen fremder Werke
Hindemiths Œuvre kennt die unterschiedlichsten Formen der Anverwandlung fremder Musik. Sie reichen von unauffälligen Zitaten von Volksliedern (Finale der Konzertmusik op. 49), der Ausarbeitung von Werken über Volkslieder (Der Schwanendreher, Sonate für Orgel nach alten Volksliedern), über die Verfremdung vorgegebener Musik oft unter parodistischen Vorzeichen (Ouvertüre zum Fliegenden Holländer, Finale aus der Kammermusik Nr. 5, 2. Satz aus der Symphonia Serena), das Nachkomponieren fremder Musik in der eigenen Tonsprache (Symphonic Metamorphosis), bis hin zur Integrierung fremder Werke in die eigene Musik (Ausschnitt aus Lullys Oper ‹Phaeton› in der Neufassung des Cardillac).
Gerade die Werke, die Hindemith seit Ende der 40er Jahre komponiert, beziehen sich vermehrt auf fremde Musik: Das Septett (1948) verwendet im Finalsatz den ‹Alten Berner Marsch›, das Concerto for Woodwinds, Harp and Orchestra (1949) Mendelssohns ‹Hochzeitsmarsch› (mit diesem Zitat überrascht Hindemith seine Frau zum 25. Hochzeitstag), die Sonate für 4 Hörner (1952) das Lied ‹Ich schell mein Horn›.
Alte Musik hat Hindemith, um sie spielen zu können, aufführungspraktisch eingerichtet: Er hat Generalbässe ausgesetzt, Tänze aus Drucken d'Attaignants zu einer Suite französischer Tänze (1948) angeordnet und instrumentiert und von Monteverdis Oper ‹Orfeo› 1943 eine historisch-authentische Fassung rekonstruiert. Die Solostimme aus Schumanns erst 1937 veröffentlichtem Violinkonzert überarbeitet er, um sie instrumentengerechter wirken zu lassen; und 1955 legt er eine Neufassung des 100. Psalms von Max Reger vor. Hindemith fertigt solche Bearbeitungen an, um diesen hoch geschätzten, doch schwierig aufzuführenden Werken den Eingang in das Konzertrepertoire zu erleichtern.