Umgang mit Emigranten
Das Verhältnis der Daheimgebliebenen zu den Emigranten ist ambivalent. Hinter den zahlreichen Aufforderungen zu ihrer möglichst schnellen Rückkehr verbirgt sich bisweilen der Vorwurf, die Emigranten hätten sich den Problemen und Gefahren in Deutschland entzogen und ein angenehmes Leben im Exil geführt; dass sie sich nun am Wiederaufbau des zerstörten Landes beteiligen sollten, sei demgemäß nur recht und billig.
Thomas Mann wehrt sich in einem offenen Brief vom Oktober 1945 gegen solche Vorwürfe: «Schwer genug, atembeklemmend genug war [...] der Choc des Verlustes der gewohnten Lebensbasis, von Haus und Land, Büchern, Andenken und Vermögen, begleitet von kläglichen Aktionen daheim, Ausbootungen, Absagen [...] Schwer genug war, was dann erfolgte, das Wanderleben von Land zu Land; die Paßsorgen, das Hoteldasein, während die Ohren klangen von den Schandgeschichten, die täglich aus dem verlorenen, verwildernden, wildfremd gewordenen Land herüberdrangen. Das haben Sie alle, die Sie dem ‹charismatischen Führer› [...] Treue schworen und unter Goebbels Kultur betrieben, nicht durchgemacht. Ich vergesse nicht, dass Sie später viel Schlimmeres durchgemacht haben, dem ich entging: aber das haben Sie nicht gekannt: das Herzasthma des Exils, die Entwurzelung, die nervösen Schrecken der Heimatlosigkeit.»