Kalter Krieg
Allerdings sind die Probleme der Fünfziger Jahre in einen wachsenden Ost-West-Konflikt eingebettet, der sich in Europa zum «Kalten Krieg» steigert und der sie für Deutschland erträglicher macht. Die beiden deutschen Staaten werden als die jeweiligen Frontstaaten ihrer Allianzen geradezu umworben. Zudem vollzieht sich die Erneuerung des politischen Lebens unter eingreifenden Vorgaben der Besatzungsmächte USA, England und Frankreich einerseits, der UdSSR andererseits.
Die Währungsreform von 1948 und der Marshall-Plan von 1947 bringen der BRD einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung, der bereits 1950 als «deutsches Wirtschaftswunder» beschrieben wird. Die «autoritäre Demokratie» Konrad Adenauers, der 1949-1963 die BRD als Bundeskanzler regiert, sorgt für zuverlässige, berechenbare politische Kontinuität und Vertrauen in die parlamentarische Demokratie. Zugleich lenkt die enge Einbindung beider deutscher Staaten in ihre Bündnisse und ihre bereitwillige Einfügung in überstaatliche Gemeinschaften von der schuldbeladenen nationalen Identität ab. Während sich die BRD geradezu amerikanisiert, übernimmt die DDR den sowjetischen Stalinismus.
Die Kehrseite dieser Entwicklung ist die völlige Verdrängung der jüngsten Vergangenheit. Den führenden Nazis machen die Siegermächte den Prozess, aber die mittlere Führungsschicht des nationalsozialistischen Deutschlands überlebt nahezu unbehelligt in der BRD, der sie loyal dient und mit der sie sich identifiziert. Die DDR, die tatsächlich weitgehend von kommunistischen Widerstandskämpfern regiert wird, lehnt jede Verantwortung für NS-Verbrechen ohnehin ab. Ist in der Zeit des Kalten Krieges der Antikommunismus das Fundament der BRD, so ist der Antifaschismus dasjenige der DDR, die der BRD faschistische Züge unterstellt.
Es entsteht ein Lebensgefühl politischer Apathie, ein konsumorientierter Rückzug ins Idyllische, in der etwa zurückkehrende Emigranten erneut als «Störenfriede» beargwöhnt werden. Die intellektuelle Stagnation dieser Zeit, die erst Ende der 60er Jahre überwunden wird, manifestiert sich vor allem auch in einem ebenso geschichtsfernen, emotional asketischen wie abstrakten künstlerischen «Avantgardismus», der nur noch sich selbst genügt.