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TITEL
Hérodiade
UNTERTITEL
de Stéphane Mallarmé. Récitation Orchestrale (1944)
JAHR
1944
KATEGORIE
Serie 01: Bühnenwerke I,14
WIDMUNG
SATZBEZEICHNUNG
BESETZUNG
• Personen: Zwei Tänzerinnen • Orchester: 1 / 1 / 1 / 1 – 1 / 0 / 0 / 0 – Klav. – Str.
DAUER
25’ / ein Bühnenbild
ERSTAUFFUEHRUNG
30.10.1944 Washington, D.C. Dirigent: Louis Horst Tanz: Martha Graham, May O’Donnell Choreographie: Martha Graham Bühnenbild: Isamu Noguchi Kostüme: Edythe Gilfond
AUSGABEN
• Klavierauszug Edition Schott ED 4115 (Paul Hindemith)
QUELLEN
KEYWORDS
Ballett, ballet
BEMERKUNGEN
INHALTFrüh morgens blickt Hérodiades Amme aus dem geöffneten Fenster des einsamen Turms, in dem die Prinzessin lebt und sich auf ihre Heirat vorbereitet. Die Natureindrücke lassen die Gedanken der Amme um die morbide Stimmung ihrer Herrin kreisen, die an der Leere und Sinnlosigkeit allen menschlichen Handelns zu verzweifeln droht. Als Hérodiade erscheint, begrüßt die Amme sie freudig, doch Hérodiade bleibt in ihrer düsteren Gedankenwelt gefangen. Sie bittet die Amme, ihr Haar mit duftendem Wasser zu waschen und es hochzustecken, wehrt diese körperliche Annäherung dann aber doch entsetzt ab. In ihren Visionen träumt Hérodiade zwar von einem Mann, den sie einmal heiraten will; zugleich verweigert sie sich aber zunächst dem Gedanken der Hingabe und zieht ihre Einsamkeit vor; erst am Ende erkennt sie, wie gefangen sie in ihrer Welt war.KOMMENTAR Hindemith erhielt 1944 von der amerikanischen Tänzerin und Choreografin Martha Graham das Angebot, eine Ballettmusik mit dem Sujet einer mythologischen Frauengestalt zu komponieren. Statt des von Graham gewünschten Medea- Mythos wählte er die Figur der Herodias, die ihre Tochter Salome dazu anstiftet, sich von ihrem Stiefvater Herodes die Hinrichtung von Johannes dem Täufer zu wünschen. Die biblische Geschichte bildet die Grundlage für das inhaltlich rätselhafte, sprachlich äußerst komplexe und assoziationenreiche Gedichtfragment gleichen Titels, an dem der französische Symbolist Stéphane Mallarmé (1842- 1898) seit 1864 bis zu seinem Tod gearbeitet hatte. Das Gedicht Sainte von Mallarmé vertonte Hindemith im gleichen Zeitraum als Klavierlied. Mit dem Ballett Hérodiade unternahm Hindemith den Versuch, „Worte, poetische Idee, lyrischen Ausdruck und Musik in ein einheitliches Ganzes zusammenzuschmelzen, dabei aber auf das Ausdrucksmittel, das einer solchen Mischform am natürlichsten sich darbieten würde, den Gesang nämlich, völlig zu verzichten.“ Indem die Melodielinien die Deklamation der Verse übernehmen, entsteht eine „orchestrale Rezitation“. Hindemith gliederte Mallarmés Gedicht in insgesamt elf unterschiedlich lange Abschnitte, die jeweils in Tempo, Metrum und Tonalität voneinander zu unterscheiden sind. In dem Kammerorchester aus solistisch besetzten Bläsern und Streichern sowie Klavier sind die Streichinstrumente der Amme zugeordnet, während Hérodiades Impulsivität durch solistische Passagen oder das Miteinander aller beteiligten Instrumente herausgestellt wird. Die bereits zu Hindemiths Lebzeiten geübte Praxis, das Gedicht synchron zur Musik zu deklamieren, um die unmittelbaren Verbindungen zwischen Gedicht und musikalischer Umsetzung hörbar zu machen, hat der Komponist ebenso kritisch gesehen wie die abstrakte Choreografie, die Martha Graham für die Uraufführung entworfen hatte.