Amerikanische Staatsbürgerschaft

Hindemiths Einbürgerungsurkunde

Im Juni 1945 kaufen sich die Hindemiths in New Haven ein eigenes Haus in der Alden Avenue. Im folgenden Monat stel­len sie sich dem «citizenship hearing», um die amerikani­sche Staatsbürgerschaft zu erlangen, die sie dann im Januar 1946 erhalten. Hindemith er­leichtert sich durch diese Schritte nicht nur seine gesellschaftlich-berufliche Situation. Vielmehr drückt sich in ihnen auch Dankbarkeit den Amerikanern gegenüber und ein gewachsenes Einverständ­nis mit ihrer Lebensart aus.

Nicht, dass Hindemith sich als amerikanischer Bürger fühlt, der seine deutsche Identität zu verdrängen trachtet; eher hat er erkannt, dass die amerikanische Lebensform ein größeres Maß an per­sönlicher Freiheit und Solidarität besitzt. Nach sei­nen Erfahrungen in Nazideutschland weiß er diese besonders zu schätzen und beginnt sich mit ihr auch deshalb zu identifizieren, um Ansprüche, die nach Kriegsende mit moralischem Druck aus Deutschland an ihn herangetragen werden, besser ab­wehren zu können.

Das Haus in der Alden Avenue
Gertrud und Paul Hindemith in der Alden Avenue

In einem Brief an deutsche Freunde schreibt Hindemith im Frühjahr 1946 in einem zusammenfas­senden Rückblick: «Obwohl uns das Land nicht unbekannt war, war doch die Umstellung auf eine völlig andere Umgebung, auf neue Arbeits- und Lebensbedingungen ein nicht unerheb­liches Problem. Allerdings machte uns die Gastfreundschaft des Landes und die hier als oberstes Prinzip herrschende gegenseitige Höflichkeit die Eingewöhnung leicht. Die Abwe­senheit jeglicher Missgunst, Topfguckerei und Blockwartmen­talität war besonders erfreulich nach den üblen Erfahrungen in der alten Heimat [...] Persönlich hatten wir niemals die geringsten Schwierigkeiten. Weder hat man uns in Konzentra­tionslager gesteckt noch hat man uns auch nur fühlen las­sen, dass wir ja immerhin die feindlichen Ausländer waren. Auch in der schwierigen Kriegszeit zeigte sich der allge­meine freundliche und rücksichtsvolle Charakter aller Be­völkerungsteile, mit denen man in Berührung kam, im schön­sten Lichte. Die einzige ‹Freiheitsberaubung› bestand in der Einschränkung der Freizügigkeit: wollte man verreisen, so musste man in der Staatshauptstadt eine Genehmigung ein­holen. Die wurde aber ausnahmslos gewährt...»

Hindemith behält die amerikanische Staatsbürgerschaft bis an sein Le­bensende.